Alltagsfotos 5/5 2022

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7:59 Uhr – Ich bin in diesem Jahr äusserst uninspiriert mit den Fotos. Naja Punkte gehen immer. Jedenfalls habe ich gerade Pauline verabschiedet – sie schreibt heute den letzten Test des Schuljahres und dann gehen sie (finnischer Sportunterricht ist einfach herrlich) zwei Stunden auf den Golfplatz Golf spielen – und mache mich jetzt auch abfahrbereit.

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17:13 Uhr – Ich komme zurück nach Hause, ziehe meine Schuhe aus und sehe, dass mein Strumpf kaputt ist und ganz bedröppelt guckt.

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18:40 Uhr – Ich habe Pauline zum Training gefahren und weil heute kurzes Training ist („nur“ zwei Stunden) vertreibe ich mir die Zeit mit einem Freitagabendspaziergang in der Nähe. Lange stehe ich auf der Eisenbahnbrücke und vorfreue mich auf den Sommer.

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19:14 Uhr – Leberblümchen!

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20:22 Uhr – Spaziergang und Training sind beendet. Auf der Heimfahrt halten wir noch kurz an der Bücherei um ein vorbestelltes Buch abzuholen. Bemerkenswert ist, dass das Buch für Pauline ist, die bis vor kurzem überhaupt nicht gern gelesen hat. (Freudig hüpfendes Mutterherz!)

Alltagsfotos 2/5 2022

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8:59 Uhr – Den Rucksack passend zu den Strümpfen ausgewählt gepackt und nun wird’s aber wirklich höchste Zeit loszukommen. Pauline ist – der Streik ist zu Ende – schon vor 10 Minuten in die Schule gefahren. Höchst aufgeregt, denn heute erfährt sie wer ab August, wenn sie auf die „Oberschule“ (7.-9. Klasse) wechselt, ihre Mitschüler sein werden. Ihr grösster Wunsch ist, dass sie mit ihrer deutschen Freundin, die auch auf diese Schule gehen wird und mit der sie quasi seit ihrer Geburt unzertrennlich ist, in eine Klasse kommt. Bei acht Parallelklassen stehen die Chancen nicht allzu gross, aber tatsächlich klappt es :)

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11:33 Uhr – Gemeinsam mit meiner Freundin sitze ich im Kaffeeraum, wir essen Mittag und geniessen den Blick auf den eisfreien (!) See und den Hauch von Grün an den Bäumen. (Wie, ihr seht kein grün? Guckt mal richtig hin!) Die Freundin ist den ersten Tag seit ihrer Covid-Infektion wieder im Büro und wir unterhalten uns darüber wie unschön es ist, dass im Krankheitsfall niemand unsere Arbeit übernimmt, sondern sie sich einfach immer weiter auftürmt. Augen auf bei der Berufswahl!

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17:21 Uhr – Mit einer weiteren Freundin bin ich die Stadt gelaufen um gemeinsam ins Kino zu gehen. Ich komme mir etwas verwegen vor, da ich schon das zweite Mal in fünf Tagen im Kino bin. Aber nach zwei Jahren Pandemie gibt es einiges nachzuholen. Der neue Downton Abbey Film ist „comfort food“, so wie der Vorgänger und die Serie auch, allerdings waren wir uns hinterher einig, dass man es inhaltlich etwas zu gut gemeint hat. (Achtung Spoiler!) Eine Hochzeit, zwei Hochzeitsanträge, zwei andere Anträge, eine Krankheit, ein Todesfall, ein Baby, eine Reise an die Riviera , eine alte Liebesgeschichte, eine unsichere Vaterschaft, ein Filmdreh mit angeschlossenen Dramen… Uff.

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20:54 Uhr – Wir waren im Anschluss noch eine Kleinigkeit essen und trinken und jetzt bin ich auf dem Heimweg. Ich freue mich so über den eisfreien See und die inzwischen wieder ganz schön langen Tage (über 17 Stunden liegen zwischen Sonnenauf- und Untergang).

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21:34 Uhr – Ich habe die Familie begrüsst und gehe nochmal kurz in den Garten, weil dort jetzt wieder Hamsterfutter wächst.

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Die letzten drei Monate im Schnelldurchlauf

Arbeit: Ich habe so viel gearbeitet wie schon lange nicht mehr. Altes Projekt zu Ende bringen und tausend Dinge für das Neue lernen waren an sich schon tagesfüllend. Dann fiel Ende Januar meine Chefin aus familiären Gründen aus und ich musste sie in vielen Angelegenheiten vertreten. Da ich ja gerade erst frisch in der Arbeitsgruppe angefangen hatte, (noch) keine Expertin im Forschungsthema bin und überhaupt gar nicht so richtig wusste wie der Hase läuft Fisch schwimmt, war das sehr sehr herausfordernd. Und zeitraubend. Daher die Stille hier. Gleichzeitig hat es aber auch Spass gemacht und ich habe viel gelernt. Als es Mitte April etwas ruhiger wurde bekam ich eine Corona-Infektion.

Corona: Inzwischen ist die ganze Familie durch damit. Überhaupt kenne ich kaum noch jemanden, der es noch nicht hatte. Fazit: Corona ist wie ein Überraschungsei. Ob man sich bei Kontakt ansteckt, welche Symptome man bekommt, wie schwer man erkrankt und wie lange man braucht um wieder fit zu sein. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass wir drei schonmal die gleiche Krankheit hatten und die dann so unterschiedlich ausfiel. Als Pauline im Februar krank wurde, und das ziemlich heftig dafür, dass es bei Kindern ja nichts weiter ist und sie ausserdem auch geimpft war, da haben wir sie nicht isoliert. Angesteckt haben wir Eltern uns trotzdem nicht. Zwei Monate später hatte plötzlich der Iso einen positiven Test. So richtig wissen wir immer noch nicht wo er sich angesteckt hat, irgendwie auf der Arbeit, aber dort wurde zu dem Zeitpunkt noch Maske getragen (inzwischen sind alle Einschränkungen aufgehoben). Zwei Tage später konnte auch ich dann zwei Teststreifen vorweisen. Trotz unterschiedlicher Symptome war es übrigens bei keinem von uns „nur ein Halskratzen“ oder auch „nur eine leichte Erkältung“. Ganz im Gegenteil ging es uns allen so richtig dreckig und knapp vier Wochen nach meinem positiven Test brauche ich immer noch deutlich mehr Schlaf als vorher.

Teenager: Als Mutter und Vater mit der Seuche im Bett lagen, wurde das Kind dreizehn!!! Die Geburtstagspläne fielen so – danke für nichts, blödes Kack-Virus – zum dritten Mal in Folge ins Wasser. Sie trug es einigermassen mit Fassung und wir machten das Beste draus. Immerhin waren die Gymnastik-Wettkämpfe besser getimt, einer vorher und einer danach. So konnten wir ihre neue Mannschaft zwei mal anfeuern und dabei sein als den strahlenden Mädchen Medaillen um den Hals gelegt wurden.

Politische Lage: Womöglich wird Finnland schon bald der Nato beitreten. Allein die momentane Diskussion darüber wäre noch vor einem halben Jahr undenkbar gewesen. Aber wenn man sich eine über 1000 km lange Grenze mit Russland teilt und mit der Vergangenheit vertraut ist, sieht man den Krieg in der Ukraine auch noch mal aus einer anderen Perspektive. Angst und Sorgen sind hier durchaus präsent und ich kann den Wunsch vieler Finnen gut verstehen jetzt doch der Nato beitreten zu wollen. Auch wenn ich es schade finde, denn ich war immer stolz auf die Neutralität Finnlands und seine Rolle als Vermittler. Aber was will man machen wenn der Nachbar wahnsinnig geworden ist?

Winter, ade: Die Sache mit dem Frühling zieht sich in diesem Jahr ganz besonders in die Länge. Seit Februar liegt zwar irgendwie Frühling in der Luft, aber erst jetzt sind die 80 cm Schnee weitestgehend verschwunden (die Loipenpflege wurde in diesem Jahr am 1. Mai eingestellt – man hätte fünf Monate lang Ski fahren können wenn einem nicht Anfang März der Skistock zerbrochen wäre oder es in den Läden noch welche zu kaufen gegeben hätte) und die Seen tauen in Zeitlupe auf. Immerhin habe ich gestern die ersten kleinen Blättchen an einer Birke gesehen. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben, an allen Fronten.

Vorm Schlafengehen kurz noch mal aus dem Fenster sehen

Lohnt sich. Gestern kurz vor Mitternacht, meine Augen waren schon halb zu, schaute ich noch mal raus, weil für’s Wochenende gute Chancen für Polarlicht vorausgesagt waren. Und tatsächlich tanzten grüne Schleier über den Himmel.

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Ich informierte umgehend das ebenfalls gerade ins Bett gehen wollende Kind, welches zwar fast 13 Jahre alt ist und ihr ganzes Leben in Finnland verbracht hat (bis auf ein halbes Jahr als Einjährige), aber noch nie Polarlicht gesehen hat. Zack, standen wir vor der Tür. Beziehungsweise lagen im Schnee.

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Anfangs noch recht leicht bekleidet, aber als das Zauberlicht immer intensiver wurde und gar nicht mehr aufhören wollte, wir jedoch inzwischen zitterten wie Espenlaub, flitzten wir hektisch ins Haus zurück um uns diverse Kleidungsstücke über zu werfen. (Bis zuletzt steckte ich allerdings mit nackten Füssen in meinen Winterstiefeln. Keine Zeit, musste gucken.)

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Polarlichter sind in Mittelfinnland gar nicht so häufig zu sehen und wenn, dann sind sie meist so schwach, dass man sie in der Stadt mit ihren vielen Lichtquellen gar nicht richtig erkennen kann. Mal abgesehen davon, dass der Himmel natürlich auch wolkenlos sein muss. Gestern aber, da passte alles und wir erlebten ein echtes Spektakel.

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Wie gut, dass ich noch mal aus dem Fenster geschaut habe, auch wenn sich die Ins-Bett-geh-Zeit dadurch um zwei Stunden verschob.

Herbsturlaub

Vorletzte Woche waren in Mittelfinnland Herbstferien. Unsere ursprünglichen Pläne für etwas länger etwas weiter weg zu fahren, jetzt wo es wieder einigermassen möglich ist, wurden vom Hobby des Kindes vereitelt. Wer legt Wettkämpfe und Trainingslager in die Ferien? Aber für ein paar Tage stand sogar die Gymnastik still und so konnten wir immerhin über eine Ländergrenze fahren. In Estland waren wir zuletzt vor vier Jahren und auch da nur für einen verregneten Nachmittag in Tallinn. Dabei ist es gar nicht weit. Ein paar Stunden über Land zur Hauptstadt, noch mal zweieinhalb über’s Meer, da.

(Finnland wäre nicht Finnland wenn man nicht auf dem Schiff erstmal zufällig ein paar Bekannte treffen würde.)

Die ersten 1,5 Tage verbrachten wir in Tallinn, was ja immer einen Besuch Wert ist. Zur Zeit aber ganz besonders, denn erstens sind „aufgrund der aktuellen Situation“ nur wenige Touristen da und zweitens können wir dort momentan Familie besuchen. Meine Nichte verbringt dieses Schuljahr im Rahmen eines Austauschprogrammes in Estland. Dort waren allerdings keine Ferien, deshalb vertrödelten wir die Zeit bis Schulschluss erstmal mit ein wenig Umherspazieren.

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Als wir eine Weile an der Stadtmauer entlang liefen, zeigte sogar unser nicht ganz so gern umher laufendes Kind Begeisterung, denn im Geschichtsunterricht wurde gerade das Mittelalter durchgenommen und erst wenige Tage vorher war von mittelalterlichen Städten und Stadtmauern die Rede gewesen. Ach so sah das also damals aus.

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Ausserdem verbrachten wir die Zeit mit über die Sprache freuen. Unglaublich wie ähnlich sich Finnisch und Estnisch sind. Bei manchen Wörtern muss man zwar zweimal hinsehen oder -hören, aber wir haben überraschend viel verstanden. Und dann erst die niedlichen eingeestnischten (dieses Wort gibt es vermutlich nicht?) Wörter wie Reisibüro oder Smuuti oder Gurmee!

In Tallinn waren wir zwar schon einige Male gewesen, haben aber bisher hauptsächlich nur die Altstadt gesehen. Das sollte sich bei diesem Besuch ändern. Zunächst trafen wir meine Nichte am Hauptbahnhof, neben dem gleich eine grosse Markthalle steht, in der wir erstmal alle leeren Mägen füllen konnten. Ich ass dort direkt das leckerste Essen der ganzen Reise: frische Pelmeni gefüllt mit Kartoffeln und Zwiebeln, die haben unheimlich gut geschmeckt. Unweit von dort liegt der kreative/alternative Stadtteil Telliskivi mit viel Kunst an und zwischen den Wänden und dahin wurden wir als nächstes geführt.

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Wir schauten uns ein wenig um und besuchten auch einen kleinen feinen Buchladen mit sehr gelungener Titelauswahl. Von Telliskivi ging es weiter nach Linnahall, dem ehemaligen Lenin Palast für Kultur und Sport. Ein beeindruckendes Bauwerk, das 1980 anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Moskau gebaut wurde. Heute verfällt es so vor sich hin – sein Erhalt ist unter den Esten umstritten – aber man kann immer noch oben drauf steigen und über’s Meer schauen.

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Danach waren wir alle ordentlich durchgefroren und beinmüde und liessen den Tag mit weiteren kulinarischen Highlights ausklingen. Ich habe mich sehr gefreut zu sehen wie wohl sich meine Nichte offensichtlich in Tallinn fühlt und wie souverän sie uns nach nicht mal zwei Monaten dort durch die Stadt navigiert und dabei viele interessante Details erzählt hat. Danke für die tolle Reiseleitung :)

Da die Gymnastik noch ein paar weitere Tage ruhte, fuhren wir am nächsten Morgen weiter nach Pärnu. Es goss wie aus Kübeln, also liessen wir bedauernd den geplanten Umweg über Haapsalu aus und rollten auf direktem Weg zwischen hundert LKWs (Via Baltica…) gen Süden.  Pärnu ist ein Kur- und Badeort mit unzähligen Spas und Schwimmbädern und war damit die ideale Wahl für die folgenden Tage, in denen ein Herbststurm über’s Land zog. Den Rest des Tages verbrachten wir einfach schwimmend und saunierend im Hotel. Nachts trommelte der Regen ans Fenster und in der Ferne rauschte aufgebracht das Meer.

Freundlicherweise machte der Regen am nächsten Vormittag eine kurze Pause, so dass wir uns ein wenig am wirklich schönen Stadtstrand durchpusten lassen konnten.

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Nachmittags fielen wieder fette Tropfen, aber nachdem wir ja erst zwei Wochenenden vorher die liebste Freundin besucht hatten und uns die Mäusekinder das Spassbad in Pärnu in den schillerndsten Farben beschrieben hatten, war sowieso klar, dass wir dort hinmussten. Und so rutschten, sprangen, schwammen und saunierten wir wieder den ganzen Nachmittag. Gibt Schlimmeres.

Am letzten Urlaubstag schien immerhin ab und zu mal die Sonne. Ursprünglich hatten wir vor den Tag in einem nahegelegenen Nationalpark zu verbringen, beschlossen dann aber, dass wir Wald und Moor auch ausreichend zu Hause haben und suchten lieber einen kleinen Wanderweg direkt am Meer südlich von Pärnu aus. Dort gab es allerliebste Infotafeln, Wald bis direkt vorn an die Wasserkante, ein wildes Meer, einen Aussichtsturm, eine Vogelwarte und Wetter, das gab es auch.

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Weil der Weg nicht so lang war, blieb am Nachmittag noch Zeit für einen Besuch der Innenstadt, wo genau gar nichts los war, aber es immerhin schöne alte Holzhäuser zu sehen gab. Und für einen Spaziergang zur etwa 2 km langen Mole. Dort wiess uns ein Schild darauf hin, dass Liebespaare die ewige Liebe erhalten wenn sie Hand in Hand die Mole abschreiten und sich am Ende küssen, aber ach! Der Sturm hatte den steinigen Teil der Mole komplett überspült. Konnten wir nur den romantischen Sonnenuntergang ansehen.

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Das war dann auch das letzte Mal, dass wir seither die Sonne sahen. Auf der Heimfahrt am nächsten Tag fiel wieder Regen, der sich auf finnischer Seite in Schnee verwandelte. Leider blieb der nicht liegen und deshalb ist es jetzt die finsterste Zeit des Jahres und ich muss immerzu schlafen und essen und brauche ewig um Blogeinträge fertig zu stellen.

Lichterstadt

Unsere Stadt hat vor zwanzig Jahren ein Lichtprojekt ins Leben gerufen. Besondere Stadtbeleuchtung – aus Sicherheitsgründen in den dunklen Monaten, aber vor allem um es den Einwohnern schön zu machen. Etliche Häuserfassaden, Brücken, Wege und Bäume wurden über die Jahre dauerhaft ins Licht gesetzt. Und dann gibt jeden September ein Lichterfest (ausser im letzten Jahr…). Es fing 2003 ganz klein mit einigen wenigen Lichtkunstwerken an, da wohnten wir sogar schon hier. Und mit jedem Jahr wurde es grösser und spektakulärer und 2021 haben sie sich selbst übertroffen.

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Am Freitag Abend stiegen der Iso und ich (Pauline war nach einem langen Schultag und anstrengendem Training zu müde) auf’s Fahrrad und fuhren zum naturwissenschaftlichen Campus. Meine Arbeit! Und dort stand uns gleich mal der Mund weit offen. Nicht nur, dass die Gebäude so toll und so bunt aussahen, nein die Bilder bewegten sich auch. Drehten und rollten sich und über die Unterwasserfrau (weiter unten) schwappten Wellen. 

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Und es waren so viele Menschen da. Die ganze Stadt schien auf den Beinen. (Wer sich wundert, die Bilder sind von einem anderen Tag.) Ich habe schon lange lange nicht mehr so viele Menschen auf einmal gesehen und ich musste kurz mal tief Luft holen, damit ich vor lauter Erleichterung nicht anfange zu heulen. (Jajaja! Ich weiss, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist.) 

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Im Kirchpark ist immer die Hauptattraktion. Einmal gab es dort zum Beispiel Riesenglühhäschen. Und in diesem Jahr eine Lichtinstallation mit Musik und Nebel untermalt. Boah, was für eine Show! Durchaus auch ein bisschen gruslig, aber das Ziel war wohl den kleinen Park komplett zu verwandeln und das ist auch gelungen. 

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Was besonders toll ist: das Lichterfest dauert in diesem Jahr über eine Woche. Einige Kunstwerke gab es nur letztes Wochenende zu sehen, aber die Highlights leuchten immer noch. Ich weiss nicht genau warum, vielleicht damit sich Pandemie-bedingt die Besucherströme etwas verteilen (hahaa). Jedenfalls konnte ich gestern noch einmal mit Pauline los ziehen und ihr alles zeigen. Da unten läuft sie, die (Trommelwirbel!) frisch zweifach Geimpfte, über die blaue Brücke.

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Huch! September?!

Oder wie Pauline neulich sagte: Bald ist Weihnachten und ich habe mich noch nicht mal daran gewöhnt, dass 2021 ist.

Hier ist wieder richtiger Alltag. Und dabei meine ich nicht nur, dass die Schule wieder angefangen hat und die Arbeit in der Fischforschungsstation weitestgehend abgeschlossen ist. Sondern richtiger Alltag. Ganz langsam (ich wag’s mich kaum zu sagen) immer mehr so wie früher. Vor der Pandemie!

Präsenzunterricht gab es auch im letzten Schuljahr an jedem einzelnen Schultag, aber mit vielen Sonderregeln. Mittagessen im Klassenzimmer, streng zugewiesene Plätze auf dem Schulhof damit sich die Klassen nicht vermischen, keine Ausflüge, keine Besucher von ausserhalb für Workshops und so weiter. Auch das Gymnastiktraining fand im letzten Halbjahr bis auf eine zweiwöchige Pause regelmässig statt. Aber eben mit Sonderregeln und ohne Trainingslager oder gar Präsenzwettkämpfe. Und all das löst sich gerade nach und nach auf. Geblieben sind nur noch Handhygiene und Masken. Ich weiss nicht ob es richtig oder falsch ist – einerseits fallen die Zahlen, andererseits sind im Nachbarort 100 Schüler in Quarantäne –  aber ich sehe die positiven Effekte auf’s Kind.

Die Uni empfiehlt nach wie vor wenn möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Aber seit ich meine zweite Impfung habe gönne ich mir an einigen Nachmittagen einen bequemen Bürostuhl, einen grossen Bildschirm und absolute Ruhe zum Arbeiten. Nur die Nachmittage, damit ich zu Hause Mittag essen und die Mensa oder Kaffeeküche vermeiden kann. Erst dachte ich, dass sich der ganze Aufwand (Anziehen! Fahrrad rausholen! Hinfahren!) für ein paar Stunden nicht lohnen würde, aber tatsächlich funktioniert das richtig gut. Vormittags ist es zu Hause still, da kann ich konzentriert arbeiten und nebenbei ganz praktisch die Waschmaschine anstellen oder so. Dann kann ich mir ein (schlichtes) Mittagessen kochen. Das habe ich früher fast nie gemacht, weil es mir morgens zu lange gedauert hat. Jetzt kann ich aber beispielsweise während die Kartoffeln kochen eben schnell ein paar Emails schreiben. Und nach dem Essen, gerade wenn ich für gewöhnlich schläfrig und lustlos werde, steige ich auf’s Fahrrad und komme 15 Minuten später frisch und beschwingt im Büro an. Dort bin ich super effizient, weil ich weiss, dass ich nur soundsoviel Stunden Zeit habe und der bequeme Stuhl, der grosse Bildschirm und die absolute Ruhe ausgenutzt werden müssen. Ab und zu trifft man sogar jemandem auf dem Gang und hat SOZIALKONTAKTE.

Und auch sonst. Wir machen Reisepläne, wir gehen essen und treffen Freunde. Es fühlt sich richtig gut an, aber was ich völlig vergessen habe: Wieviel Zeit und Energie das alles frisst. Und so kommt es, dass sich in meinem Kopf ein langer Erzählstau gebildet hat. Lauter Dinge, die ich eigentlich hier aufschreiben möchte, aber die Tage vergehen und es ist Mitte September.

Ich fange jetzt einfach mal von hinten an: Heute kamen endlich unsere Wahlunterlagen für die Bundestagswahl. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Es wäre auch nicht das erste Mal gewesen, dass sie nicht kommen. Das ist besonders ärgerlich nachdem man den Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis (Erstausfertigung UND Zweitausfertigung) ausgedruckt und handschriftlich ausgefüllt hat (geht auch am Computer, aber nur die Erstausfertigung – man kann gar nicht so viel mit den Augen rollen wie man möchte) und sich unter anderem mit dem winzigen Feld für die Wohnanschrift abgeplagt hat. Mal ehrlich. Eine Adresse im Ausland kann durchaus lang sein. Und unser Strassen- und Stadtname sind beispielsweise so kompliziert, dass ich sie selbst kaum aussprechen kann. Geschweige denn, dass es ein Deutscher, der kein Finnisch kann, schafft sie fehlerlos abzuschreiben (dafür gibt es Beweise, zum Beispiel in den heute erhaltenen Wahlunterlagen). Da möchte man die Adresse nicht in winzigen Buchstaben hinkalligrafieren. Und dann hat man da eine Briefmarke drauf geklebt. Beziehungsweise natürlich ZWEI Briefmarken, weil der Brief mit doppelter Ausführung des Formulars 21 Gramm wiegt und somit das Porto soviel kostet wie man nie die passenden Briefmarken da hat und dann überfrankiert. Aber es hat sich ja doch gelohnt, wir haben vorhin gewählt und müssen nur noch hoffen, dass sich die finnische Post ausnahmsweise etwas beeilt. Anekdote am Rande: der Iso hatte in seinen Wahlunterlagen zusätzlich zum eigenen Wahlschein noch den einer Frau mit Wohnanschrift in Dänemark. Augen rollen und so weiter.

Weil bei der liebsten Freundin die Frage aufkam was uns eigentlich die Bundestagswahl angeht: Zu ihren Argumenten, denen ich wild nickend zustimme, möchte ich noch ergänzen: Ich selbst habe nur die deutsche Staatsbürgerschaft und kann folglich nur in Deutschland wählen (EU Wahl und Kommunalwahlen ausgenommen, da darf ich auch hier in Finnland). Es stimmt schon, dass mich viele Details nach fast 20 Jahren im Ausland einfach nicht mehr betreffen. Aber in Zeiten, in denen unsere grössten Probleme globaler Natur sind (Klimawandel, Pandemie, Rechtsextremismus), ist das Land in dem ich wähle eigentlich nicht so wichtig. Hauptsache ich darf irgendwo mitbestimmen. Ausserdem leben in Deutschland einige Menschen die mir sehr wichtig sind und denen es gut gehen soll.

Sonst noch: In Lappland hat es heute geschneit.

Impfwoche

Dies war eine gute Woche für unsere kleine Familie.

Seit letzten Montag sind wir in der Impfreihenfolge bei der momentan letztmöglichen Altersgruppe der 12-15jährigen angekommen. Die zwei Impfzentren unserer Stadt boten für die Kinder und Jugendlichen direkt Pop-up-Impfungen an. Heisst also man darf einfach auftauchen, ohne Termin. Pauline hätte sich ihre am liebsten sofort am Montag geben lassen, aber die dusselige Mutter hatte ihre Krankenkarte mit in die Fischforschungsstation geschleppt und kam erst am Abend wieder nach Hause. Am Dienstag dann wollte sie wiederum nicht so gern für den Fall von Unwohlsein am nächsten Tag. Da war nämlich der erste Schultag nach den Sommerferien und das ist was, was man im Allgemeinen nicht so gern verpasst. Am Mittwoche dann fragte die Klassenlehrerin in die Runde ob schon jemand geimpft sei und 24 (!) von 27 frischen Sechstklässlern hoben die Hand. Pauline und ein weiteres Mädchen gaben bekannt, dass sie sich direkt nach Schulschluss impfen lassen würden. Das sind also 96% in den ersten drei Tagen und das, obwohl man sich ab nächster Woche auch ohne jeglichen Aufwand in der Schule impfen lassen kann. Beachtlich.

Der Mittwoch stellte sich übrigens als goldrichtiger Impftag aus. Am Morgen hatte das vorfreudig aufgeregte Kind schon den Frühstückstisch verlassen als meine Tasse noch voller Tee war und so las ich zur Beschäftigung die lokalen Nachrichten. Und da stand, dass in der Vorwoche erstmalig Impfdosen übrig geblieben waren und deshalb könne man ab Mittwoch und so lange der Vorrat reicht seine Zweitimpfung vorziehen, jedenfalls wenn die Erste mehr als zwei acht Wochen her ist. Meine war ja schon 10 Wochen her und mit den stetig steigenden Fallzahlen (erst letzte Woche gab es wieder einen neuen Tagesrekord) scharrte ich schon ziemlich mit den Hufen auf das es endlich Ende August würde. Das Scharren konnte ich nun einstellen, auch hier durfte man einfach ohne Termin kommen.

Ich holte also Pauline von der Schule ab, wir radelten die paar Meter zum Impfzentrum und währenddessen erzählte sie wie ein Wasserfall vom ersten Schultag und der neuen tollen Klassenlehrerin und den neuen netten Mitschülern. Im Impfzentrum war es wieder gut voll, die Schlange an der Anmeldung ging bis raus. Aber zack waren wir dran und ich reichte zwei Krankenkarten an der Plexiglasscheibe vorbei. Wir wurden in zwei unterschiedliche Flure zum Warten geschickt und waren deshalb kurz konsterniert. So war das nicht geplant. Eine Krankenschwester aber, die dafür da war um umherzugehen und schon Geimpfte zu fragen ob es ihnen gut geht, bekam das mit und nahm sich Pauline an. Ich ging also in meinen Warteflur, setzte mich, da hörte ich auch schon meinen Namen. Im Impfzimmer waren zwei Damen im deutlichen Rentenalter. Das hatte ich schon gelesen, dass für die Impfungen Krankenschwestern in Rente rekrutiert wurden. Beide waren sehr nett und kompetent und vor allem auf zack. „Die Einzelheiten weisst du ja schon vom ersten Mal, deinen eigentlichen Termin lösche ich jetzt gleich, da brauchst du dich nicht mehr drum kümmern.“ sagte die Eine, während mich die Andere impfte. Fertig. Als ich wieder raus kam stand Pauline plötzlich in „meinem“ Flur. Eine andere Krankenschwester hatte sie gebracht, nun sollte sie doch hier warten. Und so konnte ich sie doch noch begleiten, auch wenn wir uns hinterher einig waren, dass es gar nicht schlimm war und sie das auch allein geschafft hätte.

Am Freitag hatte der Iso regulär seinen zweiten Impftermin und jetzt sind wir zwei Mal zweifach geimpft und einmal einfach. Und erleichtert und froh.

Sommerferiensonntag

Was man nicht alles erleben kann wenn man im Sommer zwar arbeitet, aber eben nicht ununterbrochen Fische jongliert oder in eventuellen kurzen Pausen japsend auf dem Sofa liegt.

Am Sonntag flogen wir wieder aus. Als allererstes brachten wir das angekündigte heftige Sommergewitter hinter uns, komfortabel vom Auto aus.

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So heftig war es aber gar nicht und schon am ersten Ausflugsziel angekommen schien wieder die Sonne. In Petäjävesi steht eine kleine hübsche und über 250 Jahre alte Holzkirche. 

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Paulines Freundin war auch von der Partie und beide Kinder kannten die Kirche noch nicht, beziehungsweise war Pauline beim letzten Besuch noch so klein, dass sie sich nicht mehr erinnern konnte. Da die Kirche zum Weltkulturerbe gehört und im Ethikunterricht erst kürzlich Welterben besprochen worden waren, passte der Besuch extra gut. Wir Erwachsenen hatten uns die Kirche schon mehrmals von innen angesehen und schenkten uns deshalb für dieses Mal den ziemlich teuren Eintritt (auch innen ist alles aus Holz, von den Nägeln bis zum Kronleuchter), schickten aber die Kinder hinein und sahen uns so lange draussen um.

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Dann fuhren wir weiter nach Mänttä-Vilppula, einen kleinen Ort der sich Kunststadt nennt, denn es gibt dort zwei Kunstmuseen, Kunstsammlungen und eine Kunststiftung. Alles nahm seinen Ursprung mit der Papierindustrie, die sich dort im 19. Jahrhundert etablierte. Mit der Industrie kam der Reichtum und mit dem Reichtum eine Kunstsammlung und die Stiftung, deren erste Aufgabe es war ein Kunstmuseum zu bauen und die bis heute sehr aktiv ist.

Irgendwann im letzten Winter las ich in den Nachrichten, dass eines der Museen im Sommer eine Banksy Ausstellung zeigen würde. Ich wusste gar nicht viel über Banksy, was man eben so in den Medien mitbekommt, aber mag die Werke die man da so sieht und die politischen Aussagen dahinter. Ausserdem finde ich die Person hinter der Kunst sehr spannend. Ich fragte also direkt die Familie ob wir uns das nicht ansehen wollen, sofern Corona und so weiter…

Im April dann war in den Nachrichten zu lesen, dass schon vor der Eröffnung alle Tickets, von denen es aufgrund der Corona-Beschränkungen eben nicht so viele gab, bis zum Ende der Ausstellung im Oktober vergeben waren. Aber man solle die Hoffnung nicht aufgeben und bei eventuellen Lockerungen immer mal auf der Webseite des Museums vorbei schauen. Das fiel mir wieder ein, als ich von der Rückfahrt aus der Fischforschungsstation überlegte was man jetzt mit dem weniger stressigen als gedacht Monat Juli anfangen könnte. Und siehe da, es gab wieder freie Termine.

Aber zunächst fuhren wir auf eine Berghütte im Ort, die ebenfalls etwas mit dem Gründer der Kunststiftung zu tun hat, denn sie wurde anlässlich seines 60. Geburtstags gebaut. Heute nennt sie sich Weinhütte, wird durch Schweizer Hand geführt und es gibt (neben Wein) Flammkuchen, Brezeln und mit Vorbestellung sogar Käsefondue und Raclette. Das mit der Vorbestellung lasen wir leider zu spät, aber auch die Flammkuchen waren sehr lecker.

Gestärkt ging es dann zum Serlachius Museum Gösta, welches in meinen Augen alles richtig gemacht hat. Im Sinne des Künstlers war der Eintritt frei und auch im Museumshop wurde bis auf den Ausstellungskatalog keinerlei Geld mit Banksy Kunst gemacht.

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Um es gleich mal vorweg zu nehmen, ich kam nach einer Stunde (so lang darf man bleiben, aber die Zeit ist ausreichend) sehr beeindruckt wieder raus. Die Ausstellung ist toll gemacht, es gab viele, aber nicht zu viele, interessante Informationen, angefangen bei den Bewegungen die den Künstler inspiriert haben, bis zu den verschieden Themen mit denen sich seine Arbeit beschäftigt und Hintergrundinformationen zu den Werken. 

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Und dann die Werke selbst. Hinterher wollten die Kinder von mir wissen welches mein Lieblingsbild war und ich konnte mich beim besten Willen nicht entscheiden, nannte aber „Love Rat“.

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Love Rat by Banksy

Dass Bilder bei mir Emotionen auslösen ist relativ neu, aber mehrere Werke haben mich sehr berührt. Am stärksten „Napalm“. Es basiert auf einer der bekanntesten Fotografien, aufgenommen 1972 von Nick Út, einem Fotoreporter im Vietnamkrieg. Dieses Foto zeigt Kinder, die nach einem Bombenangriff aus ihrem Dorf fliehen. Banksy hat ein Mädchen, welches nackt ist und schwere Verbrennungen erlitten hat, aus dem Foto reproduziert und ihr zwei der bekanntesten amerikanischen Gesichter an die Hand gegeben. Das Bild hat eine solche Wucht.

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Napalm by Banksy

Beim Verlassen der Ausstellung, als ich noch mal zurück blickte, entfuhr mir „Was für ein cooler Hund!“.

Wir sahen uns noch die Parkanlagen rund ums Museum an und besuchten das Café auf dem Gelände. Und weil die Kinder dann immer noch nicht müde gespielt waren, hielten wir auf dem Heimweg noch an einem Strand mit Sprungturm. 

Von mir aus könnten diese Sommerwochenenden immer so weiter gehen.

Sommerferienwochenende

Fünf von neuneinhalb Ferienwochen sind um, Finnland leidet unter aalt sich in einer Rekordhitzwelle, in der Fischforschungsstation (in die ich am Mittsommersamstag endlich fahren konnte) ist aus Gründen derzeit Pause und so lag nichts näher als ein Wochenendausflug. Uns war ein bisschen nach Stadt zumute, einem Ort an dem man möglichst viele unterschiedliche Dinge tun und es sich kulinarisch gut gehen lassen kann.

Am Freitagnachmittag fuhren wir also nach Helsinki. Nach einem ausgesprochen guten Abendessen liess ich mich beschwatzen den geplanten Weg zum Freizeitpark mit E-Scootern zurückzulegen. Ich bin ja eher von der vorsichtigen Sorte und in letzter Zeit war oft über diverse Verletzungen, die sich Leute beim E-Scooter-Fahren zugezogen hatten, berichtet worden. Helme hatten wir auch nicht dabei. Wir fuhren aber ganz langsam, schon allein weil der Mann das Kind mit auf dem Roller hatte, und neben allen weichen Knien und verkrampften Armen musste ich zugeben, dass es durchaus auch Spass macht. Und sagte glatt zu auch die Rückfahrt zum Hotel zu rollern. Aufregung war das aber für mich genug, deshalb sah ich den Achterbahnfahrten lieber von einer Bank aus zu.

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Und hatte einen unglaublichen Spass an den ausgelassenen Menschen. Wann hat man sowas zuletzt gesehen? Eine laue Sommernacht, Gross und Klein quirlte lachend über Linnanmäki, Kinder quasselten aufgeregt und schleppten mit strahlenden Augen ihre gewonnenen Kuscheltiere im Arm, von den Fahrgeschäften hörte man begeistertes Juchzen. Sicher, die eine oder andere Mundschutzmaske mehr hätte dort nicht geschadet, aber hätte ich damit die glücklichen Gesichter sehen können? Nein, ich wollte einmal nicht an die blöde Pandemie denken und genoss die Stimmung.

Vom nächsten Morgen gibt es nicht allzu viel zu berichten, wir wollten alle gern ein wenig einkaufen und taten genau das. Wir besuchten Helsinkis neusten Shoppingtempel wo wir auch Milchshakes zu 8,50 € das Stück tranken. Aber was soll’s, es ist Sommer und Hitzewelle und überhaupt und sie waren auch wirklich ausgesprochen lecker. Die Innenstadt besuchten wir auch. Ich habe den Dom schon hundert mal gesehen und immer noch wird mir bei seinem Anblick warm ums Herz.

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Für den Nachmittag hatten wir uns einen Strand ausgeguckt. Einmal im Meer baden! Allerdings… So ein richtiges Meer ist das ja nicht. Hätte es nicht salzig geschmeckt und wären nicht mehrfach riesige Pötte vorbei getuckert, hätte man es auch für einen grossen See halten können. Keine einzige Welle, Wassertemperatur 25°C. Aber schön, das war es dort schon. Sehr.

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Am Sonntagmorgen fuhren wir weiter nach Porvoo, einer kleinen Stadt unweit von Helsinki, die für ihre vielen noch erhaltenen alten Holzhäuser bekannt ist. Ich weiss überhaupt nicht warum wir noch nie dort waren, ich mochte es unheimlich gern durch die kleinen Gassen zu laufen und zu gucken. Es war auch überhaupt nicht voll, jedenfalls abseits der zwei Hauptstrassen mit ihren Boutiquen und Cafés.

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Ich hätte ja einfach für den Rest des Tages dort herum laufen können, die Familie… eher nicht so. Aber wir hatten ja auch noch einen letzten Programmpunkt eingeplant. In diesem Artikel hatte ich kürzlich über das Gletschertopfgebiet in Askola gelesen, was wiederum in der Nähe von Porvoo liegt. Gletschertöpfe sind durch Schmelzwasser und Steine geformte Löcher in Felsen, die am Ende der letzten Eiszeit entstanden sind. Bei Askola gibt es ganze zwanzig Stück davon, alle auf einem einzigen (grossen) Felsen.

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Entdeckt wurden sie erst in den 1950er Jahren, weil sie bis oben hin mit Erde gefüllt waren. Sie haben alle verschiedene Formen und Grössen und der Grösste ist über 10 Meter tief und man kann hinein steigen.

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(Alle, die mich persönlich kennen: die Person auf dem Bild bin nicht ich, sondern Pauline. Von oben sind wir wohl momentan Zwillinge. Aber wer weiter oben im Text aufgepasst hat kann sich schon denken, dass ICH nicht da gar nicht runter gestiegen bin :) ).

Super tolles Sommerferienwochenende!

Alltagsfotos 5/5 2021

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10:23 Uhr – Immer wenn ich beim Arbeiten scharf nachdenken muss wandert mein Blick zum Futterhäuschen. Heute ist dort überhaupt nichts los und ich gehe mal gucken ob vielleicht das Futter alle ist. Ist es nicht, aber bei der Gelegenheit kann man auch gleich gucken wie weit die Tulpen denn so sind. Für die angenagten Blattspitzen sind übrigens Hasen verantwortlich – das war das Erste was noch im März rausgeguckt hat.

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11:15 Uhr – Ah, da sind sie ja!

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13:02 Uhr – Der Iso hat Feierabend und ich ziehe mein Homeoffice in Paulines Zimmer um. Fühle mich hier immer beobachtet und arbeite extra fleissig.

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13:41 Uhr – Jetzt ist auch Pauline da, Umzug Nummer 2. Eindeutig der gefährlichste Arbeitsplatz, was die Arbeitsmoral angeht.

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16:36 Uhr – Frischluftrunde. Ich habe auch schon das Wochenende eingeläutet. Die Arbeitswoche war zäh und frustrierend. Dabei weiss ich genau, dass es (mir) mit dem Schreiben immer so geht. Tagelang kommen keine neuen Worte auf’s Papier und man denkt man käme überhaupt nicht voran. Dabei sortiert der Kopf nur in Ruhe die Gedanken und dann am Freitag Mittag setzt man plötzlich die Finger auf die Tastatur und schreibt 1500 Wörter am Stück. Und kann entspannt ins Wochenende gehen.

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Alltagsfotos 4/5 2021

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7:52 Uhr – Nur noch schnell Betten machen, dann kann ich anfangen zu arbeiten. Mein Blick wandert mehrmals zwischen dem grauen Morgen mit Schneeregen vorm Fenster und meinem Bett hin und her. An manchen Homeoffice-Tagen braucht es verdammt viel Willenskraft.

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11:14 Uhr – Mittagspause. Weil ich nicht schon wieder mutterseelenallein meine Suppe löffeln möchte, schalte ich mir eine Folge Mumins an.

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16:51 Uhr – Ich habe Pauline zum Training gefahren, das Auto an der Turnhalle stehen gelassen und laufe jetzt die zweidrei Kilometer in die Innenstadt um Besorgungen zu machen. Mein Chai Tee ist beispielsweise alle und das geht gar nicht. Auf dem Weg quere ich den Hauptcampus, den ich sehr mag.

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20:27 Uhr – Lust hat um die Uhrzeit keiner mehr, aber was muss das muss. Der Käfig vom nachtaktiven Haustier braucht eine kleine Reinigung.

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21:10 Uhr – Ein Fest jagt das Nächste. Bald hat wieder ein Patenkind Geburtstag und dieses Mal kann ich das Geschenk leider nicht persönlich vorbei bringen. Dafür kann ich schöne Briefmarken aufkleben. Herzchenaugen für den Wellenrand.

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Alltagsfotos 3/5 2021

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7:14 Uhr – Wir haben gefrühstückt, Pauline ist im Bad und ich sitze hier noch so. Ich giesse mir eine zweite Tasse Tee ein und sehe nach dem Wetter. Beim Blick auf nächste Woche fange ich an zu quieken. Hoffentlich klappt das.

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10:41 Uhr – Departmental meeting. Da muss man nur zuhören und kann nebenbei noch andere Dinge machen. Eichhörnchen beobachten, zum Beispiel.

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16:32 Uhr – Fertig gearbeitet. Ich bin auf dem Weg zum Patenkind und habe die landschaftliche schöne Strecke gewählt. Herrlich, dieses Frühlingslicht.

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17:09 – Geschenk überreicht und auf dem Rückweg wollte ich eigentlich in die Stadtteilbücherei. Die hat jetzt nämlich auch wieder unbemannt nach 16 Uhr auf, dachte ich jedenfalls gelesen zu haben. Dann bekommt man mit seiner Büchereikarte Einlass, wie ich hier schön demonstriere. Beziehungsweise nicht. Es steht nämlich deutlich auf dem Display, dass sie gar nicht aufhat und alles piepsen mit der Karte öffnet den Sesam auch nicht.

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19:32 Uhr – Wo ich jetzt gern wäre: auf dem Sofa. Aber dem lernenden Kind – das derzeit einen Test nach dem anderen schreibt, weil bald Notenschluss ist – raucht der Kopf. Es möchte an die frische Luft, aber nicht allein. Es möchte Fussball spielen.

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Alltagsfotos 1/5 2021

Siebte Runde 5×5 Alltagsfotos im Mai. Ich bin immer noch im Homeoffice, minus Schulkind. Es passiert nichts

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8:43 Uhr – Der erste von täglich drei verschiedenen Homeoffice-Plätzen – je nachdem wo es gerade am Stillsten ist – ist in Betrieb genommen. Ich habe schon ein wenig am Manuskript gearbeitet als mir wieder einfällt, dass ich ja diese Woche dokumentieren wollte. Links im Bild die ersten acht von zwanzig Laborjournalen, die ich lesen und benoten muss. Die meisten Studenten haben eine gut lesbare Handschrift, puh.

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12:06 Uhr – Die Sonne guckt endlich mal wieder vorbei. Dann kann ich meinen Nachtisch-Tee draussen trinken. Mit dicker Strickjacke geht’s gerade so. Ich beobachte eine Ameise, die eine tote Stubenfliege gen Ameisenhaufen schleppt. Die Ameise torkelt hin und her, alle paar Millimeter verliert sie die Fliege, sie muss Hindernisse überwinden und kommt überhaupt nicht voran. Genau so fühlt sich mein Arbeitstag heute auch an.

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16:36 Uhr – Pauline hat heute Wettkampf. Beziehungsweise erst nächsten Samstag, aber heute wird der Beitrag ihrer Mannschaft aufgezeichnet. Sind ja alles Fern-Wettkämpfe. Aus diesem Pinselchen muss ich jetzt jedenfalls einen Dutt formen. Und dann alles drum herum so aussehen lassen als würde es auch in dem Zopf stecken. Joah, mit der entsprechenden Menge Haarspray und Haarnadeln geht alles.

IMG_173919:22 Uhr – Der Iso hat Pauline zum Training gebracht, danach haben wir gemeinsam Abendbrot gegessen, ich bin zurück zur Turnhalle gefahren und gehe die restliche Trainingszeit frische Luft schnappen. Alle Wege rund um unser Haus bin ich hundertfach abgelaufen, da ist es nett mal durch einen anderen Stadtteil zu gehen. Dieser hier ist etwas seltsam, weil rundherum von grossen Strassen eingeschlossen. Dafür gibt es viele alte Einfamilienhäuser mit alten Gärten dran und ich laufe einfach Runden und Schleifen und bewundere die Frühblüher. Ich entdecke Teppiche von Krokussen, Blausternen, Buschwindröschen, Narzissen gross und klein und eine einzelne übermütige Tulpe. Aber über die Schneeglöcken habe ich mich am Meisten gefreut, die sieht man hier nicht so oft.

IMG_174320:23 Uhr – Wir sind wieder zu Hause und Pauline zeigt mir den Auftritt. Hups, vor der Aufzeichnung vergessen den Nagellack abzumachen. Das ist eigentlich nicht erlaubt, aber aus der Ferne wird’s schon keine der Schiedsrichterinnen bemerken.

 

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Volle Wochen

Viel los hier. Ist ja auch mal ganz schön zur Abwechslung. 

Wichtigstes Ereignis zuerst: Unser Baby hatte letzte Woche Geburtstag und ist zwölf Jahre alt geworden. Wenige Tage nach meinem zwölften Geburtstag fiel die Berliner Mauer, ich kann mich also noch sehr gut an mein gleichaltriges Ich erinnern. Schon ziemlich gross und doch noch bisschen klein. Auch Pauline wird sich später vermutlich gut erinnern können. Es war ihr zweiter Pandemiegeburtstag und folglich wieder ohne grosse Feier. Immerhin konnte sie dieses Mal ihre beste Schulfreundin einladen. Eine nahm eine Tasche voll ungesunder Lebensmittel, die andere klemmte sich die Picknickdecke unter den Arm und so liefen sie an den See und hatten einen vergnüglichen Nachmittag bei sagenhaften 15°C und strahlend blauen Himmel.  

Ich gehöre seit Anfang April wieder zur arbeitenden Bevölkerung und muss mit Erstaunen und Bedauern feststellen, wie wenig Freizeit man so als Vollzeitarbeitende hat. Und dass man die Freizeit erschöpft auf dem Sofa liegend verbringen muss. Letzte Woche war besonders anstrengend und aufregend. Und zwar habe ich ein Praktikum betreut und bin jeden! Tag! zur Uni gefahren und habe dort täglich viele! Stunden! mit anderen! Menschen! verbracht. Jeglicher Unterricht, der nur irgendwie aus der Ferne möglich ist, wird auch so gestaltet, aber ein Laborpraktikum… Es gibt natürlich Auflagen. Beispielsweise dürfen sich nur maximal zehn Personen pro Labor aufhalten. Wir mussten die 20 Studenten also auf drei Räume aufteilen (kein Rechenfehler, Lehrpersonal braucht es ja auch). Die Uni stellt FFP2 Masken in Hülle und Fülle. Ich hatte vorher noch nie eine auf und war gespannt. Tatsächlich habe ich sie aber nach der ersten halben Stunde gar nicht mehr bemerkt. Abstand sollten wir natürlich auch halten, aber das war in einem Molekularbiologie-Praktikum, in dem man die ganze Zeit mit kleinen Dingen und winzigen Mengen hantiert und zeigen muss wie das geht, schlicht nicht möglich. Es war gleichzeitig super schön und super anstrengend so viele soziale Kontakte zu haben und so viel zu reden. Manchmal habe ich mich ehrlich gesagt wieder auf mein Homeoffice gefreut, aber am letzten Tag war ich doch ganz schön traurig. Es war ein bisschen wie früher und es fehlt halt doch.

Und dann war da noch dieses herrliche Frühlingswetter und man musste immerzu auf der Terrasse in der Sonne sitzen und lesen oder Inlineskates fahren oder den Vögeln lauschen oder Huflattich anhimmeln (meine Krokusse wurden natürlich wie jedes Jahr von den Hasen gefressen). Seit genau vier Tagen sehe oder höre ich jeden Tag mindestens drei (für dieses Jahr) neue Vogelarten. Im Grunde kann man sich gar nicht auf’s Arbeiten konzentrieren. Heute mitten in einem Zoom-Meeting landete ein prächtiger Schwarzspecht direkt vor meinem Fenster und pickte in aller Seelenruhe Ameisen vom Baum. Den Buntspecht einen Baum weiter kannte ich bereits von vorgestern. Die Kehrseite der Medaille sind natürlich die Quindezilliarde Pollen in der Luft. Letztes Jahr habe ich ja noch Erlenpollen (sowie Gräser) in mein Repertoire aufgenommen und an den meisten Tagen derzeit frage ich mich ob die unendliche Müdigkeit, ausgelöst durch die Medikamente, tatsächlich besser ist als die doch beeindruckend starken Beschwerden. Egal, das schöne Wetter ist jetzt sowieso erstmal vorbei.

Auch sonst wird es wieder ruhig und vermutlich gibt es dann wieder nichts zu erzählen. Man hat’s nicht leicht.